Wir haben mittlerweile vier Workshops mit je zwei Tagen Länge bei dem Kunden durchgeführt. Zwischen den Workshops lagen immer ca. 4 Wochen. Der Letzte Im Februar lief unter dem Motto “Nicht quatschen. Machen”.

Die 12 anwesenden Produktionsmitarbeiter, die in Ihren Teams die Rolle eines Scrum-Masters (wir nennen sie dort Mentoren) übernehmen, hatten die vier Wochen vorher eben noch nicht mit dem “Machen” begonnen. Nur ein Team konnte von den spannenden Erfahrungen berichten und nutzten die Gelegenheit, sich von uns Coaches an konkreten Beispielen Impulse zur Verbesserung oder auch Lob abzuholen.

Aber was hinderte denn nur die anderen Teams zu starten? Klar stellten wir diese Frage in die Gruppe und erhielten auch die unterschiedlichsten Antworten: Keine Zeit, der Projektraum ist noch nicht fertig usw…usw…usw.. Valentin und mich verwunderte das sehr. Schließlich waren es die Kollegen selber, die nach dem Workshop im Januar hochmotiviert aus dem Workshop gelaufen sind und sofort loslegen wollten.

In diesem Januar-Workshop hatten wir sehr viel trainiert und haben auch kritische Situationen simuliert. Valentin und ich hatten auf der gemeinsamen Zugfahrt in den kalten Süden sogenannte “Störerkarten” (Auswahl siehe Bild, besonders schön ist die Karte zu dem röhrenden Hirsch:-)) formuliert, die wir dann während des Trainings verdeckt an die spielenden Teilnehmer eines “Daily Standups” verteilt haben.

Formulierungen wie “Teammitglied versteht die Aufgabe nicht”, “Teammitglied zeigt sich sehr dominant” oder “Team redet zum Start über das Fußballspiel vom Wochenende” führten zu schauspielerischen Glanzleistungen bei den Workshop-Teilnehmern. Es machte Ihnen sichtlich Spaß die Rolle eines Störers einzunehmen. Natürlich wechselten wir bei dem Workshop ständig die Rollen, sodass jeder einmal der Scrum-Master (Mentor) war, der sich mit den “lieben” Kollegen arrangieren mussten.

Aber warum denn dann nur diese Zurückhaltung im Anschluss bei der Umsetzung? Die naheliegendste Erklärung ist UNSICHERHEIT. In unseren Trainings simulieren wir auch kritische Situationen, aber jeder der anwesenden Teilnehmer hat den agilen Transformations-Prozess aktiv mitgestaltet und dessen Sinnhaftigkeit verinnerlicht. Das ist bei den Teammitgliedern so nicht der Fall. Unsere Mentoren fürchten also quasi den Widerstand zu erleben, den sie selber zu Beginn der Transformation gezeigt haben. Sehr spannend.

Das Problem entsteht also beim Weitertragen in die eigenen Teams. Die Teammitglieder stehen der Veränderung augenscheinlich kritisch gegenüber. In den letzten Jahren wurde in dem Unternehmen schon viel an Erneuerung probiert, aber die meisten Impulse versandeten in der Realität vollends. Geblieben ist das Gefühl: “Wir bekommen doch eh nichts umgesetzt”.
Bei unserem allerersten Workshop im November 2017 war das auch die einhellige Meinung der Workshop-Teilnehmer und jetzigen Scrum-Mastern (Mentoren). Valentin und ich hatten schon einige Mühe hier eine optimistischere Stimmung aufzubauen. Das war wahrlich kein Selbstläufer. Fakt ist, dass unsere Multiplikatoren (die Scrum-Master) jetzt aber befürchten, auf die gleichen Widerstände zu treffen, wie wir als Coaches beim Start im November. Das blockiert und hemmt das “Machen” enorm.

Aber was kann helfen? Wir haben uns kurzfristig entschieden, den vierten Workshop auch für Trainings zu nutzen und aufkommende Fragen oder auch Einwände direkt in der Gruppe zu thematisieren. Das hat großartig geklappt und die Teilnehmer wurden von Runde zu Runde sicherer und mutiger.

Des Weiteren habe ich am Abend des ersten Workshops noch ein paar Argumentationshilfen für das agile Vorgehen der Zukunft formuliert, die wir dann am nächsten Tag den Teilnehmern präsentiert haben. Nicht, dass sie dies 1:1 den Teammitgliedern vorlesen sollten, um Himmels willen. Nein, gedacht waren diese als Unterstützung und Sicherheitsspender.
Um den Scrum-Mastern (Mentoren) auch im Live-Betrieb zur Seite zu stehen, werde ich nächste Woche direkt im Blaumann in der Produktion verbringen und als stiller Beobachter die Daily Standups begleiten. Hätte ich geahnt, dass ich auch bei einer Nachtschicht dabei sein muss, hätte ich mir diese Idee sicherlich zweimal überlegt. :-)

Begleitet wird diese Vor-Ort-Unterstützung durch weitere Einzelcoachings, die vor und nach dem Daily stattfinden. Ich werde Fragen beantworten, Unsicherheiten glätten, Feedback geben und vielleicht auch einfach nur dabei sein, um etwas Halt und Sicherheit zu geben.

Gerne berichte ich dann hier, wie diese Tage in Summe verlaufen sind. Zusammenfassend ist die Message dieses Beitrages:
„Die Theorie träumt. Die Praxis belehrt“. Zitat nach Karl von Holtei, deutscher Schriftsteller und Schauspieler
Ich freue mich auf Ihre Kommentare und wünsche einen schönen Tag.

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Agile Transformation in der Praxis: Wie haucht man Unternehmen Agilität ein?